Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht den Angeklagten, einen Ex-Manager der Bank of America und später Berater der Parmalat SPA, der schweren Geldwäscherei – sowohl im Sinne des allgemeinen schweren Falls (Art. 305bis Ziff. 2 StGB) als auch als Mitglied einer Bande (Art. 305bis Ziff. 2 lit. b StGB) – in 81 von 212 noch nicht rechtskräftigen Anklagepunkten schuldig. In Bezug auf die übrigen 131 Anklagepunkte spricht es den Angeklagten in dubio pro reo mangels Vorsatzes bezüglich der verbrecherischen Herkunft der inkriminierten Gelder frei. Im Ergebnis wird für den Angeklagten eine bedingte Geldstrafe von 330 Tagessätzen zu je CHF 100.- (mit Probezeit von zwei Jahren) als angemessen erachtet.
Vorbemerkung / Anklage
Das vorliegende Verfahren betrifft zwei Anklagen aus den Jahren 2013 bzw. 2015 und war Gegenstand von drei erstinstanzlichen Urteilen. Gegen die ersten beiden Urteile der Strafkammer des Bundesstrafgerichts aus dem Jahr 2014 (SK.2013.32) bzw. 2017 (SK.2015.24) wurde beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Letzteres hat die Sache zur Neubeurteilung an die erste Instanz zurückgewiesen.
Das Urteil CA.2022.11 vom 8. August 2023 betrifft die Berufungen von Bundesanwaltschaft und Privatklägerin gegen das Urteil der Strafkammer SK.2019.50 vom 8. November 2021. In Anbetracht der im Rahmen des bundesgerichtlichen Rückweisungsverfahrens in Rechtskraft erwachsenen bzw. von den Parteien unangefochten gebliebenen Anklagepunkte, verbleiben als Verfahrensgegenstand zum Vorwurf der Geldwäscherei aktuell (von ursprünglich 501) noch 212 Anklagepunkte bestehen. Die Staatsanwaltschaft beantragte sowohl in erster als auch in zweiter Instanz die Verurteilung des Angeklagten wegen schwerer Geldwäscherei (allgemeine Form und Bandenmässigkeit) bezüglich 212 Anklagepunkte sowie die Festsetzung einer (teilweise bedingten) Freiheitsstrafe von drei Jahren, wovon ein Jahr unbedingt zu vollziehen sei, und kumulativ einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je CHF 100.-.
Erstinstanzliches Urteil (SK.2019.50)
Mit Urteil SK.2019.50 vom 8. November 2021 sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts den Angeklagten, einen 59-jährigen italienischen Staatsangehörigen, vom Vorwurf der schweren Geldwäscherei in 212 Anklagepunkte der Anklageschrift von 2015 frei. In Bezug auf die übrigen Anklagepunkte wurde das Verfahren wegen Verjährung eingestellt, was vom Bundesgericht in mit Rückweisungsbeschluss 6B_993/2017 vom 20. August 2019 bestätigt wurde. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts sprach den Angeklagten auch vom Vorwurf der mehrfachen Anstiftung zur Urkundenfälschung (Art. 251 StGB in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 StGB) in Bezug auf drei Punkte der Anklageschrift von 2015 frei. In Bezug auf die übrigen Anklagepunkte wurde das Verfahren jedoch wegen Verjährung eingestellt, was vom Bundesgericht mit Rückweisungsbeschluss 6B_993/2017 vom 20. August 2019 bestätigt wurde. Die Vorinstanz sprach den Angeklagten auch vom Vorwurf der wiederholten aktiven Bestechung (Art. 322ter StGB) gemäss Anklageschrift von 2015 frei. Hingegen wurde der Beschuldigte der Anstiftung zur Urkundenfälschung (Art. 251 StGB in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 StGB) gemäss Anklageschrift von 2013 schuldig gesprochen. Schliesslich wurde das Verfahren auch in Bezug auf den Betrugsvorwurf gemäss 2013 wegen Verletzung des Vorbehalts der Spezialität eingestellt, wie das Bundesgericht mit Rückweisungsbeschluss 6B_993/2017 vom 20. August 2019 bestätigte. In erster Instanz wurde der Angeklagte zu einer (bedingten) Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 90.- verurteilt.
Was insbesondere die verfahrensgegenständlichen 212 unverjährten Anklagepunkte der schweren Geldwäscherei betrifft, stellte die Strafkammer zunächst in objektiver Hinsicht fest, dass ein Grossteil der von diesen Anklagepunkten erfassten Handlungen geldwäschereirelevante Verschleierungshandlungen im Sinne von Artikel 305bis StGB darstellten. Weiter stellte sie aufgrund der italienischen Urteile gegen die Hauptakteure in der Affäre um den Zusammenbruch des Firmenkolosses Parmalat fest, dass eine in Italien begangene strafrechtliche Vortat vorliegt, die nach schweizerischem Recht als schwere ungetreue Geschäftsbesorgung – also als Verbrechen – qualifizierbar ist. Die Strafkammer war jedoch der Ansicht, dass keine ausreichenden Beweise vorlagen, wonach der Angeklagte wusste oder hätte wissen müssen, dass die Manager von Parmalat mit der Auszahlung des von ihm einkassierten Gesamtbetrags von 52 Mio. USD in Wirklichkeit den Interessen des Unternehmens zuwiderhandelten, da sie dadurch den Eintritt des Firmenzusammenbruchs hinauszögerten und noch verschlimmerten. Zufolge Fehlens des subjektiven Tatbestandsmerkmals bezüglich der verbrecherischen Herkunft der vom Angeklagten schliesslich erhaltenen Gelder, wurde dieser im Ergebnis vom Vorwurf der schweren Geldwäsche freigesprochen.
Berufungsurteil
Mit Urteil CA.2022.11 vom 8. August 2023 spricht die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts den Angeklagten der schweren Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 2 und Art. 305bis Ziff. 2 lit. b StGB) in 81 der 212 unverjährten Anklagepunkten schuldig.
Entgegen der Vorinstanz erachtet die Berufungskammer spätestens ab dem 18. Juli 2003, dem Stichtag, an dem der Angeklagte – der kurz zuvor von Parmalat als Berater eingestellt wurde, nachdem er von der Bank of America entlassen worden war – die Gelder aus der X-Transaktion einkassierte, dessen Eventualvorsatz in Bezug auf die verbrecherische Herkunft der besagten Gelder als ausreichend erwiesen an. Die Berufungskammer stellt ferner fest, dass die übrigen Tatbestandsmerkmale der schweren Geldwäscherei erfüllt sind – sowohl in der allgemeinen Form als auch bezüglich Bandenmässigkeit. Sie spricht den Angeklagten daher der schweren Geldwäscherei in 81 Anklagepunkten schuldig. In Bezug auf die verbleibenden 131 Anklagepunkte, die dem Stichtag zeitlich vorgehen und nicht verjährt sind, spricht die Berufungskammer den Angeklagten mangels Vorsatzes bezüglich der verbrecherischen Gelder in dubio pro reo frei. Die Berufungskammer erachtet für den Angeklagten eine bedingte Geldstrafe von 330 Tagessätzen zu je CHF 100.- (bei 2-jähriger Probezeit) als angemessen. Im Rahmen der Strafzumessung wurde insbesondere der langen Verfahrensdauer seit dem Tatzeitpunkt Rechnung getragen.
Dieses Urteil kann von den Parteien mit Beschwerde innert 30 Tagen nach Zustellung der vollständigen schriftlichen Begründung beim Bundesgericht angefochten werden. Für den Beschuldigten gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
Beilage: Dispositiv CA.2022.11 vom 29. Juli 2023
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