Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts befand, dass die beiden Beschuldigten in Zusammenwirken mit Personen, die für den malaysischen Staatsfonds 1MALAYSIA DEVELOPMENT BERHAD (1MDB) gearbeitet hatten, einen Betrug begangen hatten, wodurch sie gestützt auf eine fiktive Joint-Venture-Partnerschaft zwischen PetroSaudi und 1MDB USD 1 Mrd. zum Nachteil von 1MDB vereinnahmt hatten. Die Strafkammer befand weiter, dass die Beschuldigten Gehilfenschaft zu ungetreuer Geschäftsbesorgung ebenfalls zum Nachteil von 1MDB im Zusammenhang mit der Entwendung von zwei weiteren Tranchen in Höhe von USD 500 Mio. resp. USD 330 Mio. nach der Umwandlung des Joint Ventures in ein islamisches Darlehen geleistet hatten, indem sie diese Transaktionen mit angeblichen Investitionsmöglichkeiten legitimiert hatten. Zudem befand die Strafkammer die Beschuldigten der qualifizierten Geldwäscherei im Zusammenhang mit der Weiterverwendung der entwendeten Gelder für schuldig.
Joint Venture
Die Beschuldigten erarbeiteten im August und September 2009 einen Vorschlag für eine Investitionspartnerschaft, die aus einer angeblichen zwischenstaatlichen Zusammenarbeit (government to government) zwischen Saudi-Arabien, als dessen Vertreterin fälschlicherweise die PETROSAUDI-Gruppe dargestellt wurde, und Malaysia, vertreten durch 1MDB, bestanden haben soll. Sie handelten dabei zusammen mit Jho LOW, einer Vertrauensperson des damaligen malaysischen Ministerpräsidenten Najib RAZAK und Berater ohne offizielle Funktion bei 1MDB, und mit der Unterstützung von zwei Mitgliedern des Managements von 1MDB sowie von Najib RAZAK selbst.
Die Beschuldigten machten die Mitglieder des Vorstands von 1MDB glauben, dass PETROSAUDI Verbindungen zur saudi-arabischen Regierung habe und dass PETROSAUDI erhebliche Ölaktiva in das Joint Venture einbringen würde. Diese Angaben waren falsch, was die Beschuldigten sehr wohl wussten. Die Handlungen der Beschuldigten liessen bei den Getäuschten (d.h. einigen Mitgliedern des Vorstands von 1MDB) ein gewisses Vertrauen entstehen und brachten diese in eine schwierige Lage. Diese Umstände ermöglichten die Durchführung einer raffinierten Täuschung, die darauf abzielte, USD 1 Mrd. in das Joint Venture zu transferieren, um sie dann zu entwenden. Wie von den Beschuldigten und ihren Mittätern geplant, floss dieser Betrag am 30. September 2009 aus den Kassen von 1MDB. Sieben Zehntel des Betrags wurden auf ein Bankkonto überwiesen, dessen Inhaber ein Unternehmen im Besitz von Jho Low war, der sie teilweise an die Beschuldigten weiterleitete; den Rest nutzten die Tatbeteiligten für ihre eigenen Interessen.
Im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt sprach die Strafkammer die Beschuldigten des Betrugs schuldig.
Umwandlung in ein islamisches Darlehen und (unechte) zusätzliche Investitionen
Im Dezember 2009, kurz nach der Entwendung von USD 1 Mrd., kamen die Beschuldigten auf die Idee, das Joint Venture in ein islamisches Darlehen umzuwandeln. Dieses Instrument, das dem 1MDB als stabiler und rentabler dargestellt wurde, sollte in Wirklichkeit nur dazu dienen, weitere Mittel des Staatsfonds abzuzweigen. In diesem Zusammenhang beantragten die Beschuldigten im Juli 2010 bei 1MDB die Gewährung einer zusätzlichen Tranche von USD 500 Mio., angeblich für den Kauf einer Beteiligung an einem französischen Energiekonzern zu einem Preis, der 20% unter dem Marktpreis lag. Dieser Antrag wurde schliesslich am 9. September 2010 durch die Mitglieder des Vorstands von 1MDB bewilligt. In Wirklichkeit gab es diese Investitionsmöglichkeit nicht. Die Gelder wurden stattdessen von den Tatbeteiligten abgezweigt, ohne dass 1MDB in irgendeiner Weise davon profitierte.
Nach demselben Muster wurden im Mai 2011, nachdem ein kleiner Teil der zuvor entwendeten Gelder als Zinsen an 1MDB zurückgezahlt worden war, um den Eindruck zu erwecken, dass die früheren Investitionen rentabel seien, weitere USD 330 Mio. aus dem Staatsfonds abgezogen, um ein angebliches – in Wirklichkeit nicht existierendes – Bohrprojekt im Osten Saudi-Arabiens zu finanzieren.
Bei beiden Tatkomplexen stellte die Strafkammer fest, dass die Mitglieder des Vorstands von 1MDB nicht Opfer einer arglistigen Täuschung waren. Denn obwohl die von den Tatbeteiligten vorgebrachten Argumente weitgehend dieselben waren, wie beim ersten Sachverhalt, gab es eine Reihe von Elementen, die 1MDB zu einer gewissen Vorsicht hätten veranlassen sollen. In Anbetracht der fehlenden Arglist bejahte die Strafkammer vorliegend der Eventualanklage folgend die qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung. Die Strafkammer verurteilte die beiden Beschuldigten wegen Gehilfenschaft zu diesem Delikt, da sie nicht als Geschäftsführer des 1MDB fungiert hatten, sondern einem Mitglied des Managements des 1MDB (das bereits am vorherigen Betrug mitgewirkt hatte), das diese Funktion innehatte, Hilfe geleistet hatten.
Geldwäscherei
Nach der Entwendung der Gelder nahmen die Beschuldigten eine sehr hohe Anzahl von Handlungen vor, die geeignet waren, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln. Nach Feststellungen der Strafkammer verübte der erste Beschuldigte 370 Geldwäschehandlungen unter Verwendung von 12 Bankkonten im Gesamtwert von rund USD 7 Mrd., CHF 175 Mio., GBP 80 Mio. und EUR 12 Mio. und der zweite Beschuldigte 220 Geldwäschehandlungen unter Verwendung von 11 Bankkonten im Gesamtwert von rund USD 5 Mrd., GBP 19,5 Mio. und CHF 5 Mio. In Berücksichtigung der Zeit und der Energie, die sie in diese Tätigkeit investiert, und der Einnahmen, die sie daraus erzielt hatten, stellte die Strafkammer fest, dass die beiden Beschuldigten gewerbsmässig gehandelt hatten, und befand sie folglich der qualifizierten Geldwäscherei für schuldig.
Strafe, Zivilansprüche und Einziehung
Die Strafkammer stellte fest, dass angesichts der Umstände, unter denen die Straftaten begangen wurden, eine Freiheitsstrafe erforderlich ist. Bei ihrer Festsetzung wurden die sehr hohen Beträge, die Intensität der kriminellen Aktivität, das selbstsüchtige Motiv sowie – strafmildernd – die seit den Taten verstrichene Zeit berücksichtigt. Der Unterschied bei den verhängten Strafen erklärt sich dadurch, dass einer der beiden Geschäftsführer von PETROSAUDI sich wesentlich mehr bereichert hat als der andere und eine grössere Anzahl von Geldwäschehandlungen begangen hat. Im Übrigen verpflichtete die Strafkammer die Beschuldigten solidarisch dazu, dem 1MDB die diesem entwendeten Beträge zurückzuzahlen, und ordnete die Restitution eines Teils der beschlagnahmten Vermögenswerte an den 1MDB sowie die Einziehung von bestimmten Vermögenswerten der Beschuldigten an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Beilagen: Dispositiv SK.2023.24 vom 28. August 2024, Medienmitteilung SK.2023.24 in Englisch
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